L’optimum
Der Name Trinnov Audio ist vielleicht noch nicht allzu vielen Lesern ein Begriff. Schließlich ist die generell noch recht junge Firma gerade mal sechs Jahre mit Produkten speziell für den HiFi-Markt am Start. Ganz anders sieht das im professionellen Studio-, Postproduction- und Broadcasting-Bereich aus. Dort haben die Franzosen sich mit ihren Monitoring-Lösungen längst einen Namen gemacht.
Diese basieren alle auf ihrer Lautsprecher- und Raumkorrektur-Technologie, dem sogenannten Optimizer. Dessen Technologie wurde schon 2005 das erste Mal auf einer Tagung der AES vorgestellt und ist seitdem in verschiedenen Varianten das Herzstück eines jeden Produkts der Firma. Die Liste der Einrichtungen und Audio-Profis, bei denen Trinnov-Produkte zum Einsatz kommen, ist auf jeden Fall hochkarätig besetzt. So nennt deren Website unter anderem Studios der BBC, des WDR und ZDF, die schwedische Staatsoper und das berühmte Filmstudio Toho in Tokyo.
Diese hohe Akzeptanz im professionellen Sektor ist besonders daher interessant, zumal gerade hier DSP-basierte Raumkorrekturen eigentlich immer sehr kritisch beäugt wurden. Wir sind da nicht anders und insofern absolut gespannt, wie sich das Ganze in der Praxis gibt.
Trinnov Audio: Schnittstellen en masse
Aber bevor wir uns dann dem Optimizer und dem dazugehörigen 3D-Mess-Mikrofon widmen, schauen wir uns an, was der Trinnov Amethyst sonst so zu bieten hat. Unser Testproband ist nämlich nicht bloß Messgerät und Signalprozessor, sondern übernimmt darüber hinaus noch eine Vielzahl anderer Funktionen. So ist er sowohl ein High-End-Vorverstärker, hat eine hochwertige Phonovorstufe mit an Bord und kann des Weiteren auch als Netzwerk-Renderer fungieren.
Letzteres macht den Amethyst zum Beispiel auch für Benutzer von Musikservern attraktiv. Die pfiffige Kombination, die Trinnov hier zusammengestellt hat, ermöglicht es, die Optimizer-Technologie sinnvoll in alle möglichen modernen Setups zu integrieren.
In Sachen Konstruktion kann das Multitalent alleine schon durch die Optik überzeugen. Futuristisch angehaucht, aber dennoch mit dem nötigen Understatement, kommt das Gehäuse in einem schicken, dunklen Mattgrau daher. Ein dezenter Kontrast zur silbernen Frontplatte aus gebürstetem Aluminium, auf der stilvoll eingefräst das Firmenlogo prangt.
In Sachen Bedienelementen herrscht hier Minimalismus. Das türkisfarbene Display zeigt, neben dem Status des Optimizers, auch stets den aktuellen Input, die verwendete Samplerate und natürlich den Ausgangspegel an und wird flankiert von zwei Drehreglern. Links sitzt die obligatorische Volumenkontrolle, die auf Knopfdruck auch als Stummschaltung dient, und rechts findet sich der Regler zur Quellenwahl, der auch die Navigation und Auswahl im Menü übernimmt. Letzteres ruft man übrigens über den daneben befindlichen Drucktaster auf, welcher direkt über der dazugehörigen Zurück-Funktion liegt.
Die Rückseite des violetten Quarzes hingegen ist bis in den letzten Winkel vollgepackt mit Anschlüssen. Linker Hand findet man zunächst die Anschlussfunktion der integrierten Recheneinheit. Denn im Inneren des Amethyst arbeitet ein ausgewachsener 1,8 Gigahertz Intel Duo Core Prozessor mit einem Gigabyte DDR3 RAM um die benötige Rechenleistung zur Verfügung zu stellen. Neben einem VGA und einem DVI Anschluss finden sich hier gleich 4 USB-Ports, eine RJ-45 Buchse zum Anschluss eines Netzwerkkabels und sogar ein guter, alter PS/2-Port.
Zusätzlich zur kabelgebundenen Anbindung besteht auch die Möglichkeit die mitgelieferte WLAN-Antenne anzuschließen und unser Testobjekt so kabellos anzubinden. Eine HDMI-Schnittstelle ist ebenfalls aufgelegt. Sie bietet sich an um den Trinnov Amethyst mit einem Monitor oder dem heimischen Fernseher zu verbinden.
Den größten Teil der Rückseite nehmen jedoch die Anschlüsse der Audiosektion in Anspruch. Und hier wird der Pro-Audio Hintergrund der Firma Trinnov Audio nochmals deutlich. Denn neben jeweils gleich zwei Stereopaaren im XLR-Format als analogen Ein- und Ausgängen, finden sich auch jeweils zwei In- und Outputs der digitalen AES/EBU-Schnittstelle. BNC-Anschlüsse für Word-Clock-In und -Out sind ebenfalls aufgelegt.
Des Weiteren bietet der Amethyst Stereovorverstärker auch noch zwei koaxiale und zwei optische S/PDIF-Eingänge, die durch ein passendes Paar koaxialer S/PDIF-Ausgänge komplementiert werden. Und zu allem Überfluss stehen nochmals die gleiche Anzahl analoger Ein- und Ausgänge als Cinch-Buchsen zur Verfügung, wie sie schon als XLR-Varianten vorhanden sind.
Hier gibt es jedoch eine kleine Überraschung: Der mit SE 4 nummerierte Cinch-Anschluss lässt sich per Schalter zum MM-Phono-Input umschalten. Der dazugehörige Anschluss für die Masse befindet sich direkt daneben. Das Angebot an Anschlüssen lässt sich daher schlichtweg als üppig beschreiben.
Amethyst: Komfortable Bedienung
Wie die wenigen Bedienelemente am Gerät selbst schon vermuten lassen, setzt Trinnov Audio beim Amethyst auf andere Lösungen um den Vorverstärker trotz des reichhaltigen Funktionsumfangs bedienbar zu halten. Auch abseits der klassischen Lösung der Fernbedienung, obwohl eine solche natürlich auch im Lieferumfang enthalten ist. Allerdings sind weder über diese, noch am Gerät selbst, sämtliche Funktionen verfügbar.
Wenn man das Gerät jedoch wie bereits erwähnt via HDMI mit einem Monitor oder dergleichen verbindet, offenbart sich einem eine grafische Benutzeroberfläche, die Zugang zu sämtlichen Optionen gewährt. Dennoch ist hier alles sehr übersichtlich gehalten und komplexere Einstellungen in sinnvollen Untermenüs untergebracht. So lassen sich verschiedene Einstellungen der Word-Clock vornehmen, die IP-Adresse festlegen, verschiedene EQ-Einstellungen pro Eingang bestimmen, oder auch Standard-Einstellungen aller Optionen beim Starten des Gerätes festlegen.
Und das ist nur die Spitze des Eisberges. Die Bedienung des GUI erfolgt am besten über den Anschluss von Maus und Tastatur, zum Beispiel über die USB-Ports der Rechnersektion. Allerdings gibt es auch die Möglichkeit den Trinnov Amethyst über VNC von einem PC oder Tablet aus zu steuern. Wir haben das Ganze mit dem im Handbuch empfohlenen TightVNC unter Windows 10 getestet. Sowohl die Installation der Software, als auch das Herstellen der Verbindung waren gemäß der Anleitung schnell und problemlos erledigt.
Messen in 3D
Aber nun wollen wir den geneigten Leser nicht länger auf die Folter spannen und kommen endlich zum Kern des Pudels. Der Optimizer ist auf jeden Fall schwer mit anderen Raumkorrekturen zu vergleichen und, wenn man will, in seinen Möglichkeiten auch unvergleichlich komplex.
Das Besondere ist, dass der Optimizer nicht nur den Frequenzgang der Summe aller am Messort einfallenden Schallwellen misst, sondern zusätzlich auch mit Laufzeitmessungen arbeitet. Dabei kompensiert er nicht nur den Frequenzgang jedes angeschlossenen Lautsprechers hinsichtlich der Amplitude, sondern auch dessen Phasengang. Des Weiteren ist es dem Amethyst möglich, zwischen den Direktsignalen der Lautsprecher und etwa den ersten Reflexionen an der Messposition zu unterscheiden, Raummoden zu identifizieren und auch Informationen über den Diffusschall mit einzubeziehen.
Und auch in Sachen Räumlichkeit weiß der Trinnov Audio Amethyst Vorverstärker absolut zu überzeugen. Aktiviert man jetzt den Optimizer zunächst standardmäßig mit dem Neutral genannten Preset, staunt man nicht schlecht. Denn tatsächlich läuft der Amethyst erst jetzt wirklich zur Höchstform auf. Die Wiedergabe öffnet sich, die oberen Mitten werden hörbar griffiger und die ohnehin schon schönen Transienten springen einen nur so an. Auch gewinnt die Wiedergabe spürbar an Tiefe und die Phantomschallquellen werden beeindruckend scharf umrissen abgebildet.
Das Ergebnis ist schlichtweg beeindruckend. Auch gerade wenn man Raumkorrekturen im Allgemeinen eher kritisch gegenübersteht, beweist Trinnov Audio hier ganz klar, dass der Optimizer seine ganz eigene Klasse in diesem Feld darstellt. Wenn man den Optimizer wieder ausschaltet, wirkt die Wiedergabe im Vergleich plötzlich schwammig und dumpf. Es lohnt sich auch durchaus mit den im Manual sehr treffend beschriebenen Presets zu experimentieren.
Bei Bon Ivers Stück „Perth“ von dessen selbstbetitelten Album etwa, kitzelt das Monitoring Preset, welches für ein Höchstmaß an Genauigkeit in der Wiedergabe ausgelegt ist, nochmals mehr feine Details heraus. Besonders was die Nuancen des Gitarrenspiels angeht. Allerdings legt es auch gnadenlos leichte Schwächen in der Abmischung offen. Für genau solche Fälle ist das Comfort Preset gedacht, das immer noch akkurat, aber um einiges gutmütiger zu Werke geht.
Aber egal welches Preset man wählt, eine deutliche Verbesserung des Klangbildes ist immer zu attestieren. Nur um das klarzustellen: Der Optimizer macht aus einem Fliesenbad keine Masteringsuite. Aber aus einem soliden System in einem guten Raum kann Trinnovs Raum- und Lautsprecherkorrektur ein überragendes Hörerlebnis zaubern. Gepaart mit der üppigen Fülle an Anschlüssen und dem an sich schon ausgezeichneten Vorverstärker, hat der Hersteller hier ein durch die Bank weg begeisterndes Paket geschnürt, das seinesgleichen sucht!